Hofrundgang

Museale Anlage mit Denkmalcharakter - ein Beitrag von Dr. Andreas Eiynck

 

Die Eröffnung der "Fachwerkhofanlage Pöpping" ist für den Volkskundler

und Bauhistoriker sicherlich ein geeigneter Anlass, zu diesem anfänglich

nicht unumstrittenen Bauvorhaben Stellung zu beziehen.

Die Skepsis vieler Beobachter bei den Planungen dieser Hofanlage resultierte

wohl nicht zuletzt aus der Schwierigkeit, diese Hofanlage in die bis dahin

bekannten Kategorien wie "Denkmalhof", "Museumshof" oder "Heimathaus" einzuordnen,

denn dass eine ganze Hofanlage nach historischem Vorbild und

aus historischen Bauten in privater Initiative und im wesentlichen

zu privaten Zwecken errichtet wird, das ist zumindest etwas nicht Alltägliches.

 

Kein Museum

 

Es handelt sich aber nicht um ein Museum. Die Gebäude sind ja keineswegseiner praktischen Nutzung entzogen, ihre Aufstellung am neuen Standorthat keineswegs nur konservatorischen Charakter. Sie werden vielmehrallesamt modern genutzt und sind, zumal in ihrem Inneren,auch in unterschiedlich hohem Grade durch moderne Zutatenihrerheutigen Nutzung angepasst.

Dennoch hat die Hofanlage Pöpping viele Gemeinsamkeitenmit einem Freilichtmuseum oder einem Museumshof aufzuweisen.

Dies ist wohl nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass bei der Planung des Hofes von Anfang an auch Museumsexperten beteiligt waren. An erster Stelle ist hier der inzwischen verstorbene, aus Mesum bei Rheine stammende Gründungsdirektor des Westfälischen Freilichtmuseums in Detmold, Prof. Dr. Josef Schepers, zu nennen. Er hatte im Frühjahr 1985

verschiedene Entwürfe zur Gestaltung der Hofanlage Pöpping vorgelegt und war zumindest teilweise auch bei der Auswahl der Gebäude beteiligt.

Fasst man die bisherigen Ausführungen zusammen, so kommt man zu dem Ergebnis, dass die Hofanlage Pöpping zwar kein Baudenkmal und auch kein Museum ist, wohl aber eine museale Anlage mit Denkmalcharakter. Dies soll im folgenden an einzelnen Punkten weiter erläutert werden. Die Lage des Hofes und die Gruppierung der Gebäude entspricht vollständig dem Gestaltungsplan alter münsterländischer Hofanlagen: Der Hof liegt nahe bei einem Wasserlauf, aber doch außerhalb der Niederung, also genau an der Nahtstelle zwischen den Weiden und den Eschflächen. Es ist schon ein Glücksfall, dass hier am Ortsrand von Elte in unmittelbarer Nachbarschaft zu mehreren alten Bauernhöfen ein so geeigneter Standort gefunden und zur Verfügung gestellt werden konnte. Auf die Dauer wird die Hofanlage Pöpping von den benachbarten alten Hofstellen kaum noch zu unterscheiden sein.

Man wird sich vielleicht einmal fragen, warum dieser "alte" Hof in den älteren Plänen und Landkarten nicht verzeichnet ist!

 

 

Doppelheuerhaus im Zentrum

 

Im Zentrum der Anlage steht das große, lang gestreckte Haupthaus. Es besteht bei der Hofanlage Pöpping allerdings aus einem alten so genannten Doppelheuerhaus, bei dem zwei kleine Landarbeiterwohnungen giebelseitig aneinandergebaut sind. Die Auswahl eines solchen Gebäudes als Haupthaus einer Hofanlage mag manchem Beobachter problematisch erscheinen. Sie ermöglicht aber zunächst einmal eine kombinierte Nutzung beider Haushälften für öffentliche und private Zwecke, wie sie vom inhaltlichen Konzept der Hofanlage Pöpping her vorgegeben ist. Letztlich entspricht das hier ausgewählte Doppelheuerhaus in seinem Bauvolumen und in seinen Umrissen aber ganz den zeitgenössischen Haupthäusern. Es bildet somit auch gestalterisch ein sinnvolles Zentrum der Hofanlage.

 

Die übrigen Gebäude sind entsprechend ihrer historischen Funktion locker um das Haupthaus gestreut, wie man es von den alten westfälischen Hofanlagen gewohnt ist. Remisen und Scheunen sind auf die Hofzufahrt ausgerichtet, Backhaus und Speicher befinden sich in der Nähe des Wohnhauses, Schafstall und Bienenhaus stehen etwas abseits vom Hof.

 

(Letzteres hängt damit zusammen, dass man sich von diesen Tieren - wenngleich in sehr unterschiedlicher Weise - belästigt fühlte!)

 

Wichtig für die Gesamtwirkung einer Hofanlage ist schließlich die Bepflanzung und die Einbindung in die offene Landschaft. Der Bauerngarten und die hofnahen Gehölze sind auf dem Hof Pöpping schon angelegt, die Hofeichen werden mit der Zeit sicher noch heranwachsen.

 

Viele Diskussionen hat während der Planung der Hofanlage Pöpping die Herkunft der einzelnen Hofgebäude ausgelöst. Sie stammen zwar allesamt aus dem nordwestfälischen Raum, aber doch aus zum Teil recht unterschiedlichen Hauslandschaften:

dem Münsterland, insbesondere dem Kreis Steinfurt, dem benachbarten Emsland und dem Osnabrücker Land. In den Details zeigen sie daher zum Teil erhebliche Unterschiede in ihrer Konstruktion und Gestaltung. 

Es ist sicher nicht unproblematisch, Bauten so unterschiedlicher Herkunft zu einem einheitlich wirkenden Ensemble zusammenzustellen und manche fragen sich, ob man so etwas überhaupt mit gutem Gewissen machen darf. Man kann hier entgegnen, dass die Gebäude zwar aus unterschiedlichen Hauslandschaften, aber doch aus vergleichbaren Regionen stammen, die allesamt eine sehr ähnliche Wirtschaftsweise besitzen. Dementsprechend ähneln sich nicht nur die Nebengebäude sehr stark, sondern auch die Hofanlagen und das gesamte Siedlungsbild. Die Gebäude der Hofanlage Pöpping stammen somit, funktional betrachtet, doch aus einem ziemlich einheitlich strukturierten Raum, der sich überregional betrachtet von anderen Hauslandschaften deutlich abhebt. Übrigens sind auch in fast allen Freilichtmuseen die dort aufgebauten Ensembles in der Regel künstlich zusammengestellt. Die Hofanlage Pöpping befindet sich hier also in guter Gesellschaft, etwa mit dem Museumsdorf in Cloppenburg oder dem Freilichtmuseum in Detmold.

Restaurierung und Umgestaltung

 

Besonders umstritten zwischen den Denkmalpflegern und den Bauherrn sind zumeist Einzelfragen der Restaurierung und der Umgestaltung alter Gebäude. Dahinter steckt stets die Frage, wie weit man in die historische Bausubstanz eingreifen darf, ohne dass sie ihren historischen Charakter dabei verliert. Auch auf der Hofanlage Pöpping sind die Gebäude natürlich insgesamt der modernen Nutzung angepasst. Anpassung heißt hier aber nicht nur äußere Dekoration, sondern auch Erhaltung des alten Charakters. Hier lebt die Hofanlage Pöpping sehr stark von der umfassenden, fast vollständigen Wiederverwertung alter Baustoffe sowie von der Anwendung alter Bauweisen und Bautechniken. Es ist schon erstaunlich, wie gut sich die Familie Pöpping und ihre zahlreichen Helfer in die alten Handwerkskünste eingearbeitet haben.

 

 

 

Moderne Nutzungselemente wie Heizung, Sanitäranlagen und neuzeitliche Haustechnik sind behutsam in die bestehende Bausubstanz eingefügt. Insofern ist die Hofanlage Pöpping sicherlich ein gutes Beispiel für eine durchaus denkmalgerechte Umnutzung und Umgestaltung alter Bausubstanz. Es wäre erfreulich, wenn bei allen Baudenkmälern so behutsam wie hier verfahren würde. Wir alle wissen, dass dies sehr häufig nicht der Fall ist.

Auch die Einrichtung und die Nutzungsweise der Hofanlage Pöpping sind sicherlich beispielhaft für eine moderne Nutzung alter Bauernhöfe. Die Nebengebäude sind hier nicht zu Garagen und Abstellräumen degradiert, wie man es auf vielen restaurierten ländlichen Anwesen zu sehen bekommt. Sie sind vielmehr angefüllt mit einer umfangreichen Sammlung alter bäuerlicher und handwerklicher Gerätschaften, die die Familie Pöpping im Laufe der letzten Jahrzehnte zusammengetragen hat. Nur am Rande sei erwähnt, dass die Pöppings viele Gegenstände geschenkt bekamen, wohl weil man sicher sein konnte, dass sie hier in den richtigen Händen sind.

 

Die Sammlungsstücke werden nämlich nicht in erster Linie dekorativ zur Schau gestellt, sondern sind voll funktionstüchtig und werden auch eingesetzt: im Backhaus, in der Holzschuhmacherei, in der Schreinerwerkstatt, der "Timmerkamer" und der "Kistenmakerie". Ferner sind Einrichtungen zum Korbflechten, zur Flachsbearbeitung und Leinenweberei sowie zum Flechten von Strohdocken, Binsenstühlen usw. vorhanden. Sie alle sollen den Besuchern der Hofanlage bei Kursen in alten Handwerkstechniken zur Verfügung stehen. Für solche Veranstaltungen bietet die Hofanlage Pöpping sicherlich einen idealen Rahmen. Sie bildet sozusagen ein "ganzheitliches Zentrum" für Traditionspflege mit alten Gebäuden, alten Werkstätten und alten Arbeitstechniken. Als private Initiative ist sie in dieser Form, in diesem Umfang und in dieser Perfektion sicherlich einmalig. Sie ist zwar kein Museum, aber manches Museum kann sich hier in Punkto Didaktik und Museumspädagogik ein Beispiel nehmen.

 

 

Insgesamt gesehen ist die "Fachwerkhofanlage Pöpping" mit diesem Konzept auf jeden Fall eine Einrichtung von bleibendem Wert und eine kulturelle Bereicherung für den Raum Rheine, das nördliche Münsterland und das angrenzende Emsland. Die Familie Pöpping hat hier vielleicht kein "Bau-Denkmal" geschaffen, sich selbst aber gewiss ein "Denkmal" und durch ihre Privatinitiative für die breite Öffentlichkeit auf jeden Fall ein "Denk-mal".

Auch von oben ist die Fachwerkhofanlage sehenswert. 

Der Speicher:

Der Speicher wurde 1835 erbaut und 1994 an seinem Ursprungsort abgebaut . Die Teile wurden zwischengelagert, überarbeitet und schließlich seit Sommer 2003 wiederaufgebaut.

Vier Geschosse auf einer Grundfläche von 100 Quadratmeter und einer Höhe von 12,5 Meter hat der Speicher, der früher zur Lagerung und Trocknung von Getreide und anderen Feldfrüchten diente.

Im Speicher finden in regelmäßigen Abständen Veranstaltungen statt, wie beispielsweise, die alljährlichen Maiandachten.

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